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Amerikanische Rebzikade                                     (Scaphoideus titanus)

Erkennungsmöglichkeiten

Die Amerikanische Rebzikade ist nahezu unverwechselbar. Dass ca. 5 bis 6 mm große Tier lässt sich auf Gelbtafeln an Hand von drei markanten Merkmalen selbst mit bloßem Auge oder einer Leselupe schnell erkennen (Abb. 1). Diese Merkmale sind die schwarzen Flügelspitzen, die schwarze Aderung der Flügel sowie der orange-weiß gestreifte Kopfbereich. Zur Einordnung und besseren Erkennbarkeit der Merkmale sind Fotos von Amerikanischen Rebzikaden auf Gelbtafeln abgebildet.

Abbildung 1: Die markanten Merkmale der Amerikanischen Rebzikade lassen sich auch mit bloßem Auge erkennen. Die Bilder von Tieren auf Gelbleimtafeln wurden mit einer einfachen Handykamera aufgenommen. (Foto Zikade auf Blatt: O. Zimmermann/ Foto Gelbtafeln: L. Askani)

Wo sollte eine Gelbtafel zur Überwachung platziert werden?

Die Zikade hält sich bevorzugt auf verwilderten Unterlagsreben auf. Daher sind Flächen, auf denen sich Unterlagsreben großflächig ausgebreitet haben, besonders zu überwachen. Aber auch Drieschen bzw. Rebanlagen die nicht mehr oder nur noch minimalst bewirtschaftet werden, bilden einen idealen Rückzugsraum für die Zikade. Sollten diese bevorzugten Lebensräume nicht auf der Gemarkung zu finden sein, kann auch eine Ertragslage zur Überwachung genutzt werden. Erwachsene Amerikansiche Rebzikaden lassen sich sehr gut mit Gelbtafeln fangen (siehe Abb.1). Dabei sollte die Gelbtafel in sonnigen Weinbergen möglichst in die Mitte der Rebfläche platziert werden.
Die Gelbtafel sollte mittig in die Laubwand gehängt werden. Im Zeitraum von Anfang August bis Ende Oktober sollte die Gelbtafel alle zwei Wochen gewechselt und kontrolliert werden. Zu diesem Zeitpunkt treten die flugfähigen erwachsenen Tiere auf, die mit den Tafeln gefangen werden können. Sollten Sie eine Amerikanische Rebzikade finden, melden Sie sich bitte beim Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg unter der E-Mail: Diagnostik@wbi.bwl.de

Aktuelle Verbreitungs-Situation

Die Amerikanische Rebzikade, Scaphoideus titanus, wurde erstmals in einem Weinbaugebiet in Deutschland nachgewiesen. Die erwachsenen Zikaden wurden an zwei Fallenstandorten in der Gemarkung Bad Bellingen und Rheinweiler Anfang bis Mitte August mit Gelbtafeln gefangen und durch einen Mitarbeiter des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg identifiziert. Zur Bestätigung des Fundes wurden die toten Zikaden an das Referenzlabor im Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) weitergeleitet und die Art bestätigt.
Wie die Amerikanische Rebzikade nach Deutschland gelangt ist, ist bislang noch unklar. Es wird jedoch vermutet, dass das Tier über den Transitverkehr eingeschleppt wurde, da sich beide Fallenstandorte in der Nähe der Autobahn und des Schienen-Güterverkehrs befinden. In anderen europäischen Ländern, wie beispielsweise Frankreich, Italien oder der Schweiz, kommt die Art schon seit mehreren Jahren bzw. Jahrzehnten vor und könnte von dort aus als blinder Passagier über den Warenverkehr nach Deutschland eingeschleppt worden sein.
Wie lange sich die Amerikanische Rebzikade schon in den betroffenen Weinbergen befindet, ist nicht bekannt. Im letzten Jahr wurden keine Tiere an den Standorten gefangen. Das WBI führt bereits ab dem Jahr 2007 ein jährliches Monitoring zur Zikade durch. Seit 2015 laufen diese Untersuchungen auch im Rahmen des Nationalen Monitorings auf Schadorganismen in Zusammenarbeit mit dem Referat Biologische Diagnosen und Pflanzengesundheit am LTZ. Aufgrund von Funden der Zikade im Elsass im Jahr 2016 wurde das Monitoring weiter intensiviert.
Bislang ist nicht abschließend geklärt, wie groß die Population und damit das Befallsgebiet der Amerikanischen Rebzikade im südlichen Markgräflerland genau ist. Um das Gebiet weiter eingrenzen zu können, wurden in umliegenden Rebflächen über 40 Gelbtafeln aufgehängt. Die Auswertung dieser Standorte steht allerdings noch aus. Die Ergebnisse des Gelbtafel-Monitorings können aktuell in VitiMonitoring unter www.vitimeteo.de eingesehen werden. Dazu klickt man zunächst links auf der Startseite den Punkt „Monitoring“ an. Anschließend wählt man unter dem Reiter „Klasse und Gruppe wählen“ den Menüpunkt „Fallenfang / Schädling“ sowie unter dem Reiter „Objekt wählen“ den Menüpunkt „Amerik. Rebzikade Fallenfang“ aus. Durch Anklicken der Fallenstandorte mit dem Mauszeiger werden die Fangzahlen der Zikade je Standort angezeigt.

Biologie der Amerikanischen Rebzikade in Kürze

Die Zikade verbringt ihren gesamten Lebenszyklus an Reben. Dort ernährt sie sich vom Pflanzensaft der Rebe und legt ihre Eier zur Überwinterung ins Holz der Rebe.
Aus den Eiern schlüpfen im Mai/Juni die ersten Larven, die sich hauptsächlich auf der Blattunterseite von stocknahen Blättern oder auf Blättern von Stockaustrieben aufhalten.
Insgesamt durchläuft der Nachwuchs der Amerikanischen Rebzikade fünf Larvenstadien, in denen sich die Färbung der Tiere verändert. Die ersten Stadien sind weiß und besitzen am Körperende zwei schwarze Flecken, die letzten Larvenstadien besitzen zustätlich noch eine braune Musterung am Körper. Frisch geschlüpfte Larven sind immer frei von Flavescence dorée.
Ende Juli bzw. Anfang August häuten sich die Zikaden ein letztes Mal und werden zu erwachsenen Tieren. In diesem Stadium können die Zikaden gut fliegen und sich theoretisch mehrere 100 Meter in der Umgebung ausbreiten. Durch Weinbaumaschinen, insbesondere Laubschneider, oder durch Windverdriftung kann eine Verbreitung auch über größere Entfernung erfolgen, besonders während die Zikade im nicht flugfähigen Larvenstadium ist. Im Spätsommer kommt es dann zur Paarung der Zikade und anschließend zur Eiablage. Die erwachsenen Tiere können bis September/Oktober aktiv sein.

Amerikanische Rebzikade und Goldgelbe Vergilbung

Die Amerikanische Rebzikade verursacht durch ihre Saugtätigkeit keine direkten Schäden an Weinreben, kann jedoch den Erreger der Goldgelben Vergilbung, auch Flavescence dorée (FD) genannt, von einer Rebe auf die nächste epidemieartig übertragen. Die Krankheit wird durch zellwandlose Bakterien, sogenannte Phytoplasmen (Grapevine flavescence dorée phytoplasma) verursacht, die als obligate Parasiten im pflanzlichen Phloem leben.
Zu den typischen Symptomen der Vergilbungskrankheit gehören das Verfärben, Absterben und Einrollen von Blättern (Abb. 2). Während sich bei weißen Rebsorten die Blätter von den Blattadern über die Spreite hinaus gelb verfärben, kommt es bei den roten Sorten zunächst zur Rotfärbung einzelner, durch Blattadern scharf abgegrenzter Bereiche. Neben den Blättern zeigen auch die Triebe und Trauben der Rebe auffällige Symptome. Die befallenen Triebe verholzen im Sommer nur unvollständig und sterben durch Frost im Winter ab. Auch die Entwicklung der Traube ist gestört, was zur Verrieselung, einer Verzögerung der Reife und letztendlich zum Schrumpfen sowie Abfallen der Beeren führen kann. Die Beeren zeichnen sich außerdem durch einen bitteren Geschmack aus und sind damit für die Weinproduktion nicht geeignet. Die beschriebenen Symptome werden frühestens nach der Blüte, meistens jedoch erst im Spätsommer oder gar im Herbst, sichtbar. Der Grad der Schädigung variiert je nach Witterung und Rebsorte. Letztendlich führt die Vergilbungskrankheit zum vorzeitigen Absterben der gesamten Pflanze. Neben den klassischen Kulturreben können die Phytoplasmen auch in Unterlagsreben und anderen Pflanzen, wie Schwarzerle oder Waldrebe, vorkommen. Ein Befall mit dem Erreger kann bei diesen Pflanzenarten jedoch vollkommen symptomlos sein.
Aufgrund ihres enormen Schadpotentials für den Weinbau wird die Flavescence dorée in der Europäischen Union als Unionsquarantänekrankheit eingestuft und ist meldepflichtig. Verwechselt werden kann die Krankheit leicht mit der sogenannten Schwarzholzkrankheit, die ebenfalls durch Phytoplasmen verursacht wird. Da beide Vergilbungskrankheiten in ihrer Erscheinungsform nahezu identisch sind, kann ein eindeutiger Nachweis der FD nur mithilfe von Laboranalysen erfolgen. Bislang wurden weder in den von der Amerikanischen Rebzikade betroffenen Gebieten noch in anderen Weinbauregionen Baden-Württembergs die Flavescence dorée nachgewiesen. Dennoch laufen derzeit Untersuchungen am LTZ, um sicherzustellen, dass die gefangenen Amerikanischen Rebzikaden definitiv keine FD verursachenden Phytoplasmen in sich tragen.

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Abbildung 2: Typische Symptome einer Vergilbungskrankheit: frühe Verfärbungen von Blättern (A, B), einrollen der Blätter (C, D) sowie eine unvollständige Verholzung der Triebe (E, F).

Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen Schadursachen

Einzelne Symptome von Vergilbungskrankheiten können leicht mit anderen Schadursachen wie Rebkrankheiten, Schädlingsbefall oder Mangelerscheinungen verwechselt werden. Aus diesem Grund ist es sinnvoll die gesamte Pflanze zu begutachten und auf mehrere Symptome wie Blattfärbung, Holzreife und Traubenwelke zu achten. Durch das Vorhandensein mehrerer Symptome lässt sich eine Vergilbungskrankheit sicher von anderen Schadursachen unterscheiden. Zu den häufigsten Verwechslungsmöglichkeiten gehört beispielsweise die Blattrollkrankheit, Schäden der Büffelzikade und Grünen Rebzikade sowie abgeknickte oder verletzte Triebe.
Bei der Blattrollkrankheit färben und rollen sich die ältesten Blätter zuerst ein. Die Blattadern bleiben im Gegensatz zu Vergilbungskrankheiten grün und die Triebe verholzen normal (siehe Abb. 3 A). Die Trauben zeigen keine Welkesymptome, sondern die für Virosen typische Verrieselung (siehe Abb. 3 B).
Durch die Saugtätigkeit der Büffelzikade kommt es zu einer Verdickung des Triebs und einer Verfärbung der Blätter in Richtung Triebspitze oberhalb der Verdickung (siehe Abb. 3 C). Vornehmlich sind einzelne Geiztriebe von dem Schaden betroffen (siehe Abb. 3 D).
Bei der Grünen Rebzikade sind im Gegensatz zur Büffelzikade die Blätter direkt betroffen. Durch die Saugaktivität der Zikade an den Blättern kommt es zur Verfärbung der betroffenen Bereiche (siehe Abb. 3 E und F). Hierbei sind die verfärbten Blattbereiche durch Blattadern gegenüber dem gesunden Gewebe scharf abgegrenzt.
Verletzte oder abgeknickte Triebe können ebenfalls zu einer vorzeitigen Blattverfärbung, zum einrollen der Blätter sowie zu einer verzögerten Holzreife führen (siehe Abb. 3 G und H). Einzelne symptomatische Triebe sollten daher auf Verletzungen kontrolliert werden.
Mangelerscheinungen, wie z. B. Magnesiummangel können ebenfalls zu Blattverfärbungen und einem Blattrollen führen (siehe Abb. 3 I und J). Diese Symptome sind bei manchen Rebsorten stark ausgeprägt, können in der Regel aber gut von Vergilbungskrankheiten unterschieden werden.
Eine unzureichende Holzreife kann auch durch Trockenstress oder einem starken Befall mit dem Falschen Mehltau verursacht werden (siehe Abb. 3 K und L). Bei diesen Schadursachen werden die Blätter vorzeitig abgeworfen und bleiben nicht wie bei Vergilbungskrankheiten länger am Trieb hängen.
Neben den genannten Schadursachen können noch weitere Rebkrankheiten oder Mangelerscheinungen zu Blattsymptomen oder Traubenwelke führen. Hierzu gehören beispielsweise Esca, Grapevine Fanleaf Virus oder Eisenmangelchlorose.

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Abbildung 3: Unterschiedliche Rebkrankheiten, Schädlingsbefall oder Mangelerscheinungen, die mit Vergilbungskrankheiten verwechselt werden können. Blattrollkrankheit (A, B), Schäden der Büffelzikade (C, D), Schäden der Grünen Rebzikade (E, F), verletzter Trieb (G, H), Magnesiummangel (I, J), Trockenstress (K) und Falscher Mehltau (L).

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